Tegernseer Gebräuche
Was sind bzw. was regeln die Tegernseer Gebräuche?
Die Tegernseer Gebräuche, die "Gebräuche im inländischen Handel mit Rundholz, Schnittholz, Holzwerkstoffen und anderen Holzhalbwaren", sind die einzigen kodifizierten, also schriftlich niedergelegten Handelsbräuche. Sie wurden erstmals von den Verbänden der Holzbearbeitung, des Holzhandels und der Holzverarbeitung im Jahr 1950 zusammengestellt und seitdem zweimal überarbeitet. Die aktuelle Fassung stammt aus dem Jahr 1985. Handelsbräuche beschreiben die gleichmäßige, einheitliche und freiwillige Übung der beteiligten Verkehrskreise über einen längeren Zeitraum hinweg.
Aus der Präambel der TG:
Die Tegernseer Gebräuche gelten für den inländischen Handel (damit sind Geschäfte gemeint und nicht nur der Holzhandel) mit inländischem Rundholz, Schnittholz, Holzwerkstoffen und anderen Holzhalbwaren.
Ihr Allgemeiner Teil (1.Teil) gilt außerdem im inländischen Handel mit auslän-dischen Erzeugnisse vorgenannter Art.
Ausgenommen sind Handelsgeschäfte zwischen Importeur und erster aufneh-mender Hand bei entsprechenden Vereinbarungen. Das heißt: Wird zwischen einem Importeur und einem inländischen Holzhändler ein Vertrag geschlossen und dabei Im-porteure-AGB oder Abladerbedingungen vereinbart, so gelten die Tegernseer Gebräuche nicht.
Die Tegernseer Gebräuche gelten nicht im Handel zwischen der Forstwirtschaft und ihren Abnehmern.
Die Tegernseer Gebräuche beinhalten:
Teil 1 | Allgemeine Regeln für Holzgeschäfte (§1 bis 13 TG) |
Teil 2 | Besondere Regeln für bestimmte Holzsortimente (§ 14 bis 33) |
* Inländisches Nadel- und Laubschnittholz | |
* Holzwerkstoffe | |
* Furniere | |
* Grubenholz | |
Anlage | Güteklassen für Nadelschnittholz |
Anhang | Gebräuche für die Vermittlung von Holzgeschäften (sog. Maklergebräuche) |
Für wen gelten die TG?
Unter Kaufleuten gelten sie Kraft Handelsbrauch:
Die Tegernseer Gebräuche sind durch höchstrichterliche Rechtsprechung als Brauchtum im Sinne des § 346 HGB anerkannt. Dies bedeutet, dass für Vollkauf-leute, die dem HGB unterliegen, die Gebräuche automatisch gelten, es also kei-ner eigenen Vereinbarung bedarf. Vielmehr muss im Einzelfall eigens vereinbart werden, dass sie nicht gelten sollen. Handelsgebräuche gelten also normativ, ein Kaufmann kann sich nicht darauf berufen, sie nicht gekannt zu haben. Zu den Vollkaufleuten, für die uneingeschränkt die Vorschriften des HGB gelten, zählen Handelsbetriebe, Industriebetriebe, Personen- und Kapitalgesellschaften wie OHG, KG, GmbH, AG etc.
Für beteiligte holzwirtschaftliche Verkehrskreise gelten sie Kraft Verkehrssitte:
Die TG gelten auch für Minderkaufleute in der Holzbranche, also z.B. kleine Tischlereibetriebe, Kraft Verkehrssitte nach § 157 BGB. Wer zu den beteiligten holzwirtschaftlichen Verkehrskreisen gehört, lässt sich an den an der Feststellung der Gebräuche beteiligten Spitzenverbände ablesen. Es handelt sich in der Regel um die Spitzenverbände der jeweiligen Branchen, die stellvertretend für ihre Branche an der Feststellung der TG beteiligt waren. Egal ob die einzelne Firma nun Mitglied in diesen Spitzenverbänden ist oder nicht, für sie gelten stillschweigend die Tegernseer Gebräuche. Zu den beteiligten Verkehrskreisen, die nicht Vollkaufleute sind, die also nicht der Buchführungspflicht des HGB unterliegen, zählen z.B. kleine Handwerksbetriebe, 1-Mann-Schreinereien, kleine Montagebetriebe für Fertigparkett etc.
Die Tegernseer Gebräuche gelten für:
- Holzhandelsbetriebe,
- Makler,
- Holzindustrie,
- das Holz und Kunststoffe verarbeitende Handwerk,
- die Säge-, Holzwerkstoff- und Sägeindustrie,
- das Zimmerhandwerk und
- Fensterbaubetriebe.
Anforderungen an eine Reklamation
Ein wichtiger Punkt im 1. Teil der Tegernseer Gebräuche, dem Allgemeinen Teil, sind die Vorschriften zur Reklamationsabwicklung, niedergelegt in § 12:
- Danach ist die Ware in jedem Fall vom Käufer in Empfang zu nehmen (§ 12 Ziff. 1).
- Die Ware ist unverzüglich innerhalb von 14 Kalendertage zu untersuchen (§ 12 Ziff. 2).
- Beanstandungen sind innerhalb dieser Frist schriftlich zu rügen (§ 12 Ziff.2 ).
- Die Mängelrüge muss eine genaue Angabe der behaupteten Mängel enthalten (§ 12 Ziff. 2).
- Der Lagerort ist anzugeben (§ 12 Ziff. 2). Ferner muss
- die beanstandete Ladung am Lagerort belassen werden (§ 12 Ziff. 4a) und
- über die beanstandete Ware darf nicht verfügt werden, d. h. sie darf nicht weiterverarbeitet, eingebaut oder in sonstiger Weise über sie verfügt werden, bevor eine Einigung erzielt ist bzw. eine Beweissicherung durch einen vereidigten Sachverständigen stattgefunden hat (§ 12 Ziff. 4a - b).
Verstöße gegen auch nur eine der vorgenannten formellen Anforderungen an eine Reklamationsabwicklung führen zum Verlust der gesamten Mängelrügerechte.
Haftungsausschluss
- für verdeckte Mängel und den sich daraus ergebenden Folgen bei äußerlich gesundem Rund- und Schnittholz
- bei Übernahme
Für äußerlich nicht erkennbare, auch bei oder nach der Verarbeitung sich ergebende Fehler äußerlich gesunden Rund- und Schnittholzes und daraus entstehende Folgen hat der Verkäufer nicht aufzukommen, außer bei Arglist und grobem Verschulden, so in § 7 der TG. Wird Ware beim Verkäufer übernommen, d.h. der Käufer besichtigt beim Verkäufer die Ware und kauft aufgrund der Besichtigung die Ware, so sind, abgestuft nach dem Übernahme-Procedere, nachträgliche Reklamationen eingeschränkt bzw. ausgeschlossen. Die Übernahme dient der Ermittlung der gütemäßigen Beschaffenheit, also der Qualität und der Dickenabmessungen der Ware; sie schließt insoweit nachträgliche Reklamationen aus, so § 6, 1a der TG.